Interview mit Autorin Jennifer Klinge - “I’m Every (Business) Woman”
Jennifer Klinge ist Autorin, Kommunikationsexpertin und Digitalstrategin. Im März 2023 erschien ihr erstes Buch “Auch gut! – Neue Impulse zum Frausein, zu gesellschaftlichen Erwartungen und dem eigenen Timing ab 30”. Im Interview erzählt Jennifer über ihren Weg in die Selbstständigkeit, anfängliches Imposter Syndrome und den Austausch mit anderen Freelancer*innen.
Wie bist in die Selbstständigkeit gestartet?
Ich wollte im Grunde schon immer selbstständig sein – ich bin in einer Schaustellerfamilie aufgewachsen, daher ist mir der Wunsch nach selbstbestimmter Struktur und räumlicher Bewegung sowie Abwechslung quasi in die Wiege gelegt. Mittlerweile hat sich der Familienbetrieb gewandelt, Events und Gastronomie stehen im Fokus und ich unterstütze dort bis heute.
Für mich war aber klar, ich möchte auch in “meinem” Bereich eine Selbstständigkeit aufbauen und in der Zukunft beides kombinieren können. 2017 hatte ich die Möglichkeit, Teilzeit in einer Digitalagentur zu arbeiten und so mir Raum für eigene Projekte zu schaffen. So gründete ich damals mit einer meiner besten Freundinnen ein Online-Magazin für Singles für Köln. Die Teilzeit-Anstellung gab mir Sicherheit, nicht sofort ins kalte Wasser springen zu müssen. 2018 wagte ich dann den kompletten Step in die Selbstständigkeit als Texterin, Social-Media-Beraterin und Autorin. Heute mag ich die Kombi aus verschiedenen Standbeinen, die ich aber frei miteinander verflechten kann.
Welche Herausforderungen siehst du für Frauen*, die den Schritt in die Selbstständigkeit und/oder Unternehmensgründung gehen wollen?
Gerade im kreativen Bereich ist es oftmals eine Herausforderung, fair bezahlt zu werden. Die Versuchung ist groß, weniger zu verlangen, weil man ja dafür “coole, spannende Projekte” machen darf. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich oftmals Frauen schwerer tun als Männer, ordentliche Bezahlung zu verlangen oder im Zweifel auch einfach Nein zu sagen. Zu begreifen, meine Ideen sind etwas wert und die Passion fürs Thema zahlt mir halt auch nicht die Miete, ist essenziell.
Was ist ein Learning aus deiner bisherigen Zeit als Unternehmer*in, das dich überrascht hat?
Mein Learning fügt sich im Grunde an den oberen Punkt an: Ich habe oft gedacht: “Oh, den Job traue ich mir nicht zu, da muss ich erst noch eine Fortbildung machen, bevor ich das anbieten kann. Bzw. ich traue mich nicht, den Tagessatz xy dafür zu nehmen, ich mach’s dann halt fürs Portfolio, liest sich ja supergut.” Ich habe tatsächlich mal einen Job abgesagt, weil mein Impostor-Syndrom so wild eskalierte. Ein männlicher Kollege hat es schließlich gemacht – später konnte ich die Ergebnisse sehen und ich habe mich so geärgert, weil ich merkte: “WTF, das hätte ich mindestens genauso, nein, sogar besser gemacht.” Seitdem mache ich mir bewusst, dass Frauen viel häufiger grundlos sich und ihr Können kritisch hinterfragen, obwohl sie Talent und eine Top-Ausbildung haben. Und das ist wirklich Bullshit.
Welche Tipps hast du für Frauen*, die ebenfalls überlegen zu gründen oder den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen?
Für mich hat sich das Teilzeit-Modell als Starthilfe richtig angefühlt, weil es mir etwas den Druck genommen hat, sofort All-in gehen zu müssen. Wichtig ist nur, für sich selbst den Punkt zu finden, irgendwann auch ganz zu springen – ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich auf Dauer bei dieser Zweigleisigkeit keinem Part mehr richtig gerecht werden konnte, und das hat mich gestresst. Außerdem: Austausch ist sooo wichtig, gerade zu Beginn der Selbstständigkeit ploppen viele Fragen und Hürden auf. Ob Netzwerk-Events, WhatsApp-Gruppen mit anderen FreelancerInnen, Stammtische oder was auch immer – sich gegenseitig zu supporten macht alles besser.
Danke für die spannenden Einblicke liebe Jennifer!