I'm Every (Business) Woman - Luisa Scheu, Gründerin von Luizzo
In der Interview-Serie “I’m Every (Business) Woman” erzählen Gründerinnen, Kreative und Unternehmerinnen von Ihrem Weg in die Selbstständigkeit. Den Anfang macht Luisa Scheu, die mit ihrer Interior-Brand Luizzo wundervolle Interior-Pieces aus Terrazzo verkauft und sich mit ihrer Hands-On Mentalität durch alle Höhen und Tiefen der Unternehmensgründung und des Unternehmertums durchgebissen hat.
Wie/wann hast Du Dein Unternehmen gegründet? Wie sah Dein Weg dahin aus?
Meine Reise mit Luizzo startete im Frühjahr 2020, als ich mich aufgrund der COVID19-Pandemie in Kurzarbeit befand. Für die Einrichtung unserer neuen Wohnung (für die ich zu dem Zeitpunkt sehr viel Zeit hatte) war ich auf der Suche nach einem Beistelltisch. Seit kleinauf bin ich sehr Interior-begeistert und hatte mich schon seit längerem in ein ganz bestimmtes Materialverliebt: Terrazzo.
Ich verbrachte Stunden damit, nach einem geeigneten Tischmodell aus Terrazzo zu suchen. Doch meine Online-Recherche blieb erfolglos. Meine erste Idee war dann bei verschiedenen Steinmetzen in Deutschland anzufragen, ob sie meine Vision verwirklichen könnten. Leider kannte sich kaum jemand mit dem Material aus und ich erhielt überwiegend Absagen. Ein Steinmetz aus Düsseldorf bot mir jedoch seine Hilfe an und sagte, ich könnte seine Werkstatt für ein paar Selbstversuche nutzen.
Parallel zu meiner Recherche spitze sich die globale Situation weiter zu und mein damaliger Arbeitgeber konnte der Krise nicht standhalten. Alle Mitarbeiter erhielten die Kündigung. Das war natürlich ein richtiger Schock und warf mich erst einmal aus der Bahn. Das tatsächliche Ausmaß der Pandemie hatte ich bis dahin noch unterschätzt.
Im Nachhinein war es für mich der Startschuss in ein großes Abenteuer. Die Idee eine eigene Interior Brand zu gründen wuchs heran; aus Luisa und Terrazzo wurde schließlich Luizzo und ich war hoch motiviert diese neue Reise anzutreten. Ich verbrachte mehrere Wochen in der Werkstatt und stellte die ersten Prototypen der Beistelltische her. Das verlief natürlich alles andere als reibungslos und war mit viel Frust, Schweiß und Tränen verbunden. Trotzdem eine unglaublich wertvolle und wichtige Zeit. Mit den neu gesammelten Erfahrungen machte ich mich auf die Suche nach einem Produzenten in Italien.Dort ist nicht nur das größte Know-How zu finden, sondern auch die Quelle für den elementarsten Teil der Terrazzo-Rezeptur: Marmor.
Endlose E-Mails und Anrufe später fand ich mein ‘Perfect Match’: Ein 25-köpfiger Familienbetrieb, der Terrazzo seit mehr als 100 Jahren verarbeitet und mittlerweile in der vierten Generation geführt wird. Luizzo wurde zum Leben erweckt und seit Dezember 2020 sind die Terrazzo Unikate über denOnlineshop und ausgewählte Vertriebspartner erhältlich.
Was motivierte Dich zum Schritt in die Selbstständigkeit?
Ich bin zwar eher auf Umwegen in die Selbstständigkeit geraten, kann es mir heute aber gar nicht mehr anderes vorstellen. Ich liebe die Dynamik, die schnellen Entscheidungen und die Beschäftigung mit den unterschiedlichsten Themen. Als ein sehr freiheitsliebender Mensch finde ich es außerdem super, dass ich mir meine Zeit selbst einteilen und auch absolut ortsunabhängig arbeiten kann. Kein Tag ist wie der andere und für mich persönlich ist es genau das was mich antreibt.
Aber man muss wirklich der Typ dafür sein und ich finde, teilweise wird das Gründertum auch zu sehr romantisiert. Wenn man ein großes Sicherheitsbedürfnis hat oder die Routine liebt, ist es wahrscheinlich nicht das Richtige. Außerdem bedeutet die Selbstständigkeit meistens natürlich auch mehr als 40 Stunden Arbeit pro Woche.
Wie bei fast allen Dingen im Leben, gibt es also Vor- und Nachteile und es ist eine ganz indivduelle Entscheidung. Ich persönlich bin im Nachhinein sehr froh, dass ich vor zwei Jahren meinen Job verloren habe, da ich nicht weiß, ob ich den Schritt sonst gewagt hätte.
Was oder wer hat Dir geholfen Deine Vision umzusetzen?
Elementar für die Umsetzung meiner Vision ist natürlich meine enge Partnerschaft zur Produktion in Italien, die von Anfang an voller Motivation dabei war. Dafür bin ich super dankbar und weiß unsere gute Zusammenarbeit sehr zu schätzen.
Sehr geholfen hat mir auch, dass sich mein Freund zur gleichen Zeit selbstständig gemacht hat. Dadurch standen wir oft vor ähnlichen Problemen und konnten uns über alles mögliche austauschen. Generell würde ich also die Vernetzung mit anderen Gründer:innen und Selbstständigen empfehlen. Meiner eigenen Erfahrung nach, ist die Szene auch wirklich super offen und hilfsbereit.
Welche Herausforderungen siehst Du für Frauen*, die den Schritt in die Selbstständigkeitund/oder Unternehmensgründung wagen wollen? Was waren Deine Herausforderungen in der Gründungsphase/Start in die Selbstständigkeit?
Wenn es speziell um Herausforderungen für Frauen geht, würde ich nach wie vor die Familienplanung nennen. Ich selbst habe zwar (noch) keine Kinder, stelle es mir aber wirklich schwierig vor, alles unter einen Hut zu bekommen. Natürlich sind die Betreuungsmöglichkeiten und Unterstützungen schon deutlich besser geworden, aber manche Dinge wie das Stillen (wenn man es denn möchte), kann einem dann doch keiner abnehmen.
Was ist ein Learning aus Deiner bisherigen Zeit als Unternehmer*in, das Dich überrascht hat?
Wie teuer und schwierig es ist, Verpackungen zu entwickeln, die sicher, ästhetisch und möglichst nachhaltig sind. Das ist natürlich ein sehr spezifisches Problem bei meinem Produkt, da besonders die Möbel und Arbeitsplatten sehr schwer sind und bei längeren Transportwegen nicht ganz bruchsicher. Die magische Zahl ist hierbei natürlich immer die Abnahmemenge, bei der ich mit meinem Produkt nicht wirklich punkten kann.
Was macht dir besonders viel Freude an Deiner Arbeit?
Mein Herz schlägt auf jeden Fall für die kreativen Prozesse - insbesondere natürlich für die Entwicklung und das Design neuer Produkte. Im Zusammenhang damit beschäftige ich mich auch sehr gerne mit der Präsentation auf den sozialen Netzwerken oder der Website. Mit ein paar Ausnahmen mache ich alle Fotos und Videos dafür selbst.
Welche Tipps hast Du für Frauen* die ebenfalls überlegen zu gründen oder den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen?
Natürlich ist es wichtig, seinen eigenen Markt gut zu analysieren und sich generell ausreichend Gedanken zu machen. Meine größte Empfehlung wäre aber, einfach mal irgendwo zu starten. Gerade zu Beginn ist alles noch so dynamisch und man lernt am meisten, wenn man erstmal angefangen hat. Was ist das Schlimmste was passieren kann? In den Anfangszeiten hat man sowieso noch keine riesige Reichweite, so dass es gar nicht schlimm ist, wenn man z.B. doch noch einmal den Namen ändern muss oder sich am Ende vielleicht auf ein ganz anderes Produkt fokussiert.
Was sind Deine nächsten Schritte/Ziele/Wünsche für Dich und Dein Business?
Aktuell fokussiere ich mich zunehmend auf den Fliesen-Markt, weil die Nachfrage nach Terrazzo Fliesen immer weiter steigt und es im deutschsprachigen Raum nicht viele Anbieter gibt. Ich möchte noch viel mehr darüber lernen und finde es super spannend dadurch auch größere Projekte mitzugestalten. In dem Zusammenhang wären auch Planungen in der Gastronomie und Hotel-Branche ein Ziel. Die Herstellung von indivudellen Terrazzo-Tischen nimmt dort nochmal ganz neue Dimensionen an. Es gäbe zunehmend Überschneidungen mit dem Bereich des Interior Designs, was mir sehr viel Spaß macht.
Was war Dein bisher größter Fehler und welche Learnings hast du daraus mitgenommen?
Im Nachhinein hätte ich mir noch mehr Zeit für die Entwicklund der Prototypen mit den zugehörigen Verpackungen nehmen sollen, bevor ich größere Mengen bestelle. Generell ist es bei mir oft Fluch und Segen zugleich, dass ich sehr schnell Entscheidungen treffe und neue Dinge umsetze. Das kann oft gut laufen, aber manchmal bin ich dann eben auch zu schnell ;-)
Danke für Deine Zeit liebe Luisa!